
Diese Karte war das letzte Geschenk, was ich von meinem Vater erhielt, bevor er starb.
Eigentlich bin ich kein Typ, der schnell aufgibt. Aber die letzten beiden Monate haben mir sehr zugesetzt. Und ich kam an einen Punkt, wo ich einfach nur noch unsichtbar sein wollte, verschwinden wollte. Mir wurde die Last zu schwer und ich dachte, dass ich das nicht mehr bewältigen kann. Ich schrieb keinen Artikel mehr, einen podcast gab es auch nicht, ich entfernte mein Profilbild und zog mich zurück. Ich war kurz davor aufzugeben. Kennst du solche Zeiten auch?
Ich hatte zwei Operationen im September, meine Mutter hatte einen Tumor am Eierstock und ich musste sie zu allen Ärzten und im Krankenhaus begleiten. Ich musste schließlich eine der schwersten Entscheidungen treffen, die man als Kind so treffen kann und meine Mutter in die Psychiatrie einweisen und auch dorthin bringen. Und on top kamen noch viele Dinge mehr: Anfeindungen und Forderungen, Missverständnisse und unsere Tochter, die in Tel Aviv andauerndem Terror der Nachbarländer ausgesetzt ist und um die man natürlich bangt, wenn gerade wieder Beschuss ist. Menschen starben, die ich noch besuchen wollte… Vorwürfe von Familienmitgliedern, die sich längst aus der Verantwortung gezogen haben, dumme Menschen, die alles noch viel schlimmer machen, Heizung kaputt, ungeplante Ausgaben….mir fehlte die Kraft für die vielen Menschen, die Rat und Hilfe und ein offenes Ohr bei mir suchen, ich konnte nicht mehr und wollte am liebsten abtauchen.
Ich denke, du kannst dir vorstellen, dass es zwei turbulente Monate waren. Und all das zermürbt so nach und nach unsere Kraft. Der kleine Frosch auf der Karte lässt langsam los.
Es gab einige Dinge, die mir wieder Kraft gaben. Und die möchte ich heute mit dir teilen.
- authentisch sein
Als ich mein Buch schrieb, habe ich dort schonungslos und ehrlich aus meinem Leben berichtet. Und dann gab es Leute, die das pikiert kommentierten: „da hört man ja Verletzungen heraus.“
Und ich dachte: yes!!! Genau das wollte ich erreichen. Wir haben genug glatte Fassaden, die so tun, als ob alles immer glatt läuft und nie zugeben, wenn es Probleme gibt. Leute, die anderen immer den Eindruck vermitteln müssen, dass sie alles im Griff haben. Aber wir haben nun mal nicht alles im Griff! Wir können aber nicht mitteilen, was uns geholfen hat, wenn wir gar nicht zugeben können, dass es da ein Problem gab. Jeder von uns hat ein Leben mit Höhen und Tiefen. In den sozialen Medien werden nur die Momente geteilt, die toll sind, die Neid auslösen sollen oder Bewunderung oder was auch immer. Und dabei hat jeder seine Tiefen und seine schwachen Momente. Um das zu verstehen, muss doch nicht erst ein Star auf Drogen vom Balkon fallen. Wir sind alle Menschen. Es gibt in unserem Umfeld Leute, die uns nicht mögen, die uns das Leben schwer machen. Wir haben alle einen Körper, der uns manchmal die rote Karte zeigt und durch Schmerzen auf Probleme aufmerksam macht. Wir leiden alle darunter, dass die Preise steigen und dass wir uns nicht mehr so sicher fühlen. Wir haben so viel gemeinsam und dann hat jeder noch ganz individuelle Probleme.
Wir könnten einander trösten und einander helfen – wenn wir darüber reden würden. Ich danke an dieser Stelle allen, die mir geschrieben haben und nachgefragt haben, wie es mir geht. Mit denen ich darüber reden konnte und plötzlich stellt man fest: ich bin nicht allein! Es geht ganz vielen so wie mir. Ich werde verstanden – nicht von allen, das ist schon klar. Aber von ein paar Herzensmenschen bekomme ich Wärme und Liebe und Annahme zu spüren und manchmal erleben wir auch eine Überraschung, wer da doch zu liebevollen Worten fähig ist.
Nur, wenn wir authentisch und ehrlich sind, können wir Nähe und Trost erfahren und Verständnis. Ich weiß gut, dass das auch nach hinten losgehen kann und wir hinterher noch verletzter sind als vorher – auch das habe ich erlebt. Aber wenn wir es nicht versuchen, dann werden wir die Juwelen nicht finden. Ich weiß jetzt wieder, wer meine Prioritäten – Menschen in meinem Leben sind, auf die ich mich verlassen kann, die wohlwollend mit mir sind und die mich auffangen, wenn es mir nicht gut geht. Das ist ein Geschenk!
2. Nur Durchhalten lässt mich auch Lohn und Durchbruch erleben
Ein CEO einer Firma musste auf Geschäftsreise gehen und vertraute drei seiner engsten Mitarbeiter die Geschicke der Firma an. Der erste investierte enorm in seinem Bereich und expandierte. Der zweite ging mit dem Anteil an die Börse und verschaffte der Firma ordentlich Gewinn. Der dritte ging auf Nummer sicher und verschloss alles in einem Safe. Als nun der CEO zurückkam, ließ er sich die Rechenschaftsberichte vorlegen. Mitarbeiter 1 und 2 hatten Beeindruckendes für die Firma geleistet und wurden entsprechend belohnt und ausgezeichnet. Mitarbeiter 3 hatte keinen Verlust gemacht, aber er war völlig in der Versenkung verschwunden. Er argumentierte damit, dass er Angst gehabt habe zu verlieren. Der CEO war sehr unzufrieden mit ihm und entließ ihn. (Diese Geschichte steht übrigens so oder so ähnlich in der Bibel)
Ich erkannte mich in Mitarbeiter 3 gut wieder. Ich wollte nicht mehr kämpfen, ich konnte nicht mehr geben und dann beginnt ein unschöner Kreislauf. Diese Phase ist okay, versteh mich nicht falsch. Aber wir dürfen da nicht stehen bleiben. Denn dann sehen wir auch keinen Erfolg mehr. Der Frosch muss vielleicht noch kurze Zeit durchhalten und dann lässt der Storch ihn frei.
Solche Phasen der Depression sollen Phasen sein, in denen wir Kraft schöpfen. In der Bibel gibt es mehrere Menschen, die ebenfalls solche Phasen hatten. Die schönste Geschichte ist für mich die Geschichte Elias. Er lebte ebenfalls in turbulenten politischen Zeiten und musste viel bewältigen. Er konnte schließlich nicht mehr. Gott gab ihm Tage der Erholung. Essen und schlafen. Mehr nicht. Und dann bekam er einen neuen Auftrag. Es geht weiter! Auch und gerade nach solchen Phasen! Sammle Kraft und dann wirst du wieder kommen. Stärker und strahlender als je zuvor!
3. Nicht bitter werden
In Freyburg, meiner Herkunftsstadt, steht in einem Cafe in einer Vitrine eine Karte. Darauf steht in altdeuscher Schrift:
„Nicht bitter werden!
Nicht bitter werden, nicht grollen und klagen,
Aufrecht und tapfer dein Schicksal tragen.
Und was dir an wahrem und schönem geblieben,
offenen Herzens genießen und lieben.“
Das ist auch so ein Punkt. Wir haben ja noch ganz viel Schönes in unserem Leben. Wir haben noch liebe Menschen um uns herum. Aber das sehen wir dann nicht mehr. Wir können das nicht mehr genießen.
Diese Aufforderung ist älter, als ich und jeder, der diesen blogpost liest. Aber brandaktuell. Die Menschen, die nichts für den ganzen Schlamassel können, die stoßen wir nämlich in unserem Schmerz meist auch noch von uns weg. Das wahre und schöne, was uns geblieben ist.
Und das tun wir ab heute nicht mehr. Wir wenden uns genau dahin! Zu dem wahren und schönem und wir werden lieben und genießen! Allem Schmerz und allen Verlusten und allen Anfeindungen zum Trotz sehen wir das, was uns geblieben ist und investieren und vermehren das!
4. Wir brauchen nicht weniger Last, sondern mehr Kraft
Auf Youtube habe ich ein shorts gesehen. Ein junger Österreicher, der erzählte, dass er spazieren geht und mit Gott über seine Probleme spricht.
Und das kennen wir alle. Ich auch. Ich renne dann hier über den Deich und in meinem Kopf die Endlos – Schleife: Gott, bitte löse das und nimm das weg ….
Aber der junge Mann hat mich überrascht. Das betet er nämlich nicht. Er betet um Kraft und um Weisheit für all die Dinge, die er zu bewältigen hat und dabei zählte er auch familiäre Sorgen und finanzielle Probleme und vieles andere auf.
Wir haben alle Herausforderungen und wir werden stärker dadurch! Beten wir um Kraft all das gut zu bewältigen und noch eine Handvoll Menschen an unserer Seite zu behalten, die für uns sind! dann haben wir schon viel gewonnen.
Ich weiß nicht, wie es dir gerade geht und was du im Moment durch machen musst. Aber ich wünsche dir von Herzen ganz viel Kraft und Menschen, die an deiner Seite sind. Sei ehrlich und sage, was los ist und wie es dir wirklich geht!
Ich wünsche dir, dass bald die Sonne wieder scheint. Halte noch einen Moment durch, sammle Kraft und dann komm wieder hervor und zeige dich. Wir brauchen dich! Diese Welt kann nicht auf dich verzichten!
Schreib mir gerne, wie es dir geht. Ich bitte dich nur um etwas Geduld, da ich einiges abzuarbeiten habe, was sich aufgestaut hat. Aber ich werde antworten. Versprochen!
Sei gesegnet!
Und danke an alle meine Herzensmenschen, die mir Halt und Kraft geben und mich verstehen – oder es zumindest versuchen;)